Burg Hohenfriedingen

Um das Jahr 1170 war es das eine politisch einflußreichen Adelsfamiliedie Friedinger, eine kleine Burg bei Friedingen erbaute und sie fortan nach ihrem Namen Burg Hohenfriedignen nennen sollte.
Das altadelige, edelfreie Geschlecht der Friedinger, das zu den Parteigängern der Staufer zählte und dessen herausragendster Exponent der staufisch gesinnte Bischof Hermann II. von Konstanz war (1183-89), begab sich um das Jahr 1200 wegen politischer und wirtschaftlicher Vorteile in die Abhängigkeit des Abtes der Reichenau; die Herren von Friedingen wurden seine Dienstmannen und erhielten von ihm die Vogteirechte und das einträgliche Meieramt im reichenauischen Marktflecken Radolfzell. Sechzig Jahre lang, bis zur Auflösung dieses Pfandlehens durch den Reichenauer Abt Albrecht von Ramstein, waren die Friedinger die unumstrittenen Herren über Radolfzell.
Im 15. Jahrhundert begann der wirtschaftliche und gesellschatliche Niedergang der Familie. Einige ihrer Mitglieder haben als Raubritter eine unrühmliche Rolle gespielt, ja, sie trieben es so toll, daß schließlich im Jahr 1512 der Schwäbische Bund eine Strafexpedition in den Hegau entsandte, um das berüchtigte Raubritternest Hohenkrähen, eine Besitzung der Friedinger, zu brechen.

Die Stammburg der Friedinger, Hohenfriedingen, ist schon im Schweizer Krieg 1499 verbrannt, danach allerdings wieder aufgebaut worden. 1512 aber scheint die Burg nicht zerstört worden zu sein, denn sie war damals bereits Eigentum der Herren von Bodman. Diese hatten den durch Erbstreitigkeiten, Fehden und Schulden arg heruntergekommenen Adeligen von Friedingen, nach und nach den größten Teil von Burg und Dorf Friedingen abgekauft. 1476 gehörte den Herren von Bodman, abgesehen von einigen wenigen Besitzstücken, die ganze Herrschaft Friedingen.

Diese wiederum verkauften am 25. Juni 1539 um 9.800 Gulden Schloß und Dorf Friedingen an Bürgemeister, Rat und Gemeinde zu Radolfzell. Einige in diesem Kauf nicht inbegriffen gewesene Rechte und Einkünfte (Kirchensatz, Vogtrechte und Zehnten in Friedingen) erwarb die Stadt fünf Jahre danach (1544).

Dadurch hatten sich die Besitzverhältnisse grundlegend geändert! Die Stadt Radolfzell, im 13. Jahrhundert unter der Herrschaft der Edlen von Friedingen, war durch den Kauf von 1539 Inhaberin des Stammsitzes ihrer einstigen Herren geworden! Bis zum Ende der Habsburger Oberhoheit über zahlreiche Städte und Dörfer am Bodensee und im Hegau (1805) blieben Dorf und Schloß Friedingen ein der Stadt Radolfzell zustehendes österreichisches Lehen, und noch heute, 450 Jahre nach dem denkwürdigen Handel von 1539, gehört den Radolfzellern fast die Hälfte der Friedinger Gemarkung, darunter ein Großteil der Waldungen, das Schloß und das Schloßgut. Bei der Gemeindereform in den siebziger Jahren ist Friedingen allerdings nicht in die Stadt Radolfzell, sondern in die Stadt Singen eingemeindet worden. (1.12.1971). So ist zwar die Stadt Radolfzell mit Abstand der größte Grundeigentümer in Friedingen, aber in kommunaler Hinsicht nicht zuständig. Nach der Erwerbung von Friedingen anno 1539 setzte die Stadt Radolfzell auf das Schloß Friedingen einen Untervogt, der dem Radolfzeller Bürgermeister unterstellt war und der meist selber aus Radolfzell stammte. Seine Aufgaben bestanden darin, "das Schloß mit Öffnen und Beschließen des Tore bei Tag und Nacht jederzeit in getreuer Hut zu haben und zu bewahren, den dazugehörigen Wald fleißig zu begehen, die im Flecken Friedingen vorfallenden Frevel nach Weisung des Radolfzeller Bürgermeisters zu ahnden und dessen sonstigen Befehlen getreulich nachzukommen".

In späterer Zeit wurde das Dorf Friedingen mit Kelhof, Wirtshaus und Riedmühle von einem Vogt unter der Oberaufsicht des Radolfzeller Bürgermeisters verwaltet, während der Aufseher auf der seit dem 17. Jahrhundert immer baufälliger gewordenen Burg nur diese selbst und die Schloßbergreben zu besorgen hatte. Auf dem unterhalb der Burg gelegenen Ökonomiehof saß der Schloßmeier, ein Bestandsbauer oder Pächter, wie es auch heute noch der Fall ist.

Im Dreißigjährigen Krieg hatte, wie das Schloß, so auch das Dorf Friedingen seitens der württembergischen Besatzung auf dem Hohentwiel viel zu leiden, weshalb sich noch gegen Ende des Krieges die gesamte Einwohnerschaft nach Radolfzell flüchtete. Am 18. Mai 1643 erschienen der Vogt und der Schloßmeier von Friedingen vor dem Rat der Stadt Radolfzell und klagten, daß der Kommandant vom Hohentwiel, Oberst Konrad Widerholt, die Häuser und Scheunen des Ortes abdecken lasse, weil die Einwohner weggezogen seien und deshalb keine Kontributionen eingetrieben werden könnten. Vogt und Schloßmeier von Friedingen baten die Radolfzeller Obrigkeit, dafür zu sorgen, daß die geflohenen Untertanen wieder nach Friedingen zurückkehren, das Dorf wieder bewohnen und sich an den geforderten Kontributionen beteiligen. Der Rat der Stadt Radolfzell befahl daraufhin allen Untertanen von Friedingen, die sich in die Stadt Radolfzell geflüchtet hatten, zu Haus und Herd zurückzukehren und so gut wie möglich ihre Güter zu bebauen.

Bis Juli 1647 war das Schloß Friedingen größtenteils zerstört, der Weinberg stark verwahrlost und verwüstet. Doch erst am 17. April 1651 beschloß der Rat der Stadt Radolfzell, zur Unterkunft eines Rebknechtes auf dem Friedinger Schloßberg wieder eine Behausung und einen Stall aufzurichten. Seit dieser Zeit bis zum Ende des Ersten Weltkriegs dienten die Gebäulichkeiten auf Hohenfriedingen dem Rebmann und seiner Familie, welche die Rebflächen an der Schloßhalde zu betreuen hatten und zur Sicherung ihres Unterhalts eine kleine Landwirtschaft betrieben. Die kostenfreie Nutzung der Schloßgebäude und Grundstücke waren ein Teil des Entgelts, das der Rebmann für seine Tätigkeit von der Stadt Radolfzell erhielt. 1929 wurde der Rebbau am Friedinger Schloßberg eingestellt.

Der letzte Radolfzeller Rebbauer auf Hohenfriedingen, Michael Strecker, betrieb von 1913 bis 1915 auf dem Friedinger Schlößle eine kleine Gastwirtschaft und legte ein noch erhaltenes Gästebuch an. Ab 1. Februar 1919 pachtete dann der aus Duisburg stammende und im Böhringer Weiherhof wohnhafte Fabrikant Dr. Hans Curtius sowohl das Friedinger Schloßgut 200 Meter unterhalb des Friedinger Schlößchens, als auch dieses selbst und setzte in den nächsten Jahren die verwahrlosten Schloßgebäude gründlich instand. Haupt- und Nebengebäude sowie der überdachte Laubengang erhielten damals ihr heutiges Aussehen. 1927/28 wurde das Schlößle an das elektrische Stromnetz, erst 1974 an die Friedinger Wasserleitung angeschlossen.

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges war auf dem Schloß eine kleine Sondereinheit der Waffen-SS untergebracht, was zur Folge hatte, daß im Mai 1945 die französischen Besatzungssoldaten mit dem Schloßinventar nicht gerade zimperlich umgingen. Nachdem das Schlößle notdürftig wiederhergerichtet worden war, diente es vom September 1946 bis Dezember 1950 Barbara von Haeften geb. Curtius, Witwe des am 15. August 1944 hingerichteten Widerstandskämpfers Hans Bernd von Haeften und ihren fünf Kindern im Alter von 2 bis 15 Jahren als Wohnung.

Ab 1951 stand das Friedinger Schlößle leer, wurde 1957 unter Denkmalschutz gestellt und 196o, nach Ablauf des Pachtvertrags mit Dr. Curtius, von der Stadt Radolfzell wieder in ihre Obhut genommen.

Die Radolfzeller Stadtverwaltung ließ in den Folgejahren Instandsetzungsarbeiten durchführen und machte danach das Friedinger Schlößchen der Öffentlichkeit zugänglich. Am 5. November 1962 zog Hans Erich Rommel als erster Burgverwalter auf den Friedinger Schloßberg. Es folgten 1970 Josef und Erika Stärk, später Josef Mader, Alfred Güß und Alfred und Sigrid Krüger, die sich viele Jahre um das leibliche Wohl der immer zahlreicher werdenden Besucher kümmerten, die als Wanderer oder als Teilnehmer an Burgfesten auf das Friedinger Schlößle kamen. Im April 1989 hat ein neues Pächterehepaar, Ekkehard und Christel Weber aus Radolfzell, die Verwaltung des Friedinger Schlößchens übernommen.

Die noch erhaltenen Gebäude auf dem Friedinger Schloßberg werden von einer 6 bis 8 Meter hohen, aus Geröllen, Phonolith-, Molasse- und Sandsteinquadern bestehenden Mauer umfaßt, die ein unregelmäßiges Rechteck von 30 auf 50 Metern bildet. Der Bereich einer längst zerfallenen Vorburg war durch eine Zugbrücke über den Burggraben mit der Hauptburg verbunden. Vor allem auf der Westseite ist der ehemalige Graben noch gut sichtbar. Über dem Burgtor aus dem 16. Jahrhundert befindet sich ein Steinrelief mit einem Pfau, vielleicht ein Hinweis auf den früheren Lehensherrn Österreich: Das große Wappen am Österreichischen Schlößchen in Radolfzell ist ebenfalls mit Pfauenfedern geschmückt.

Das Hauptgebäude an der Südostecke der Burgmauer ist das dreigeschossige Wohnhaus, das die Stadt Radolfzell nach dem Dreißigjährigen Krieg errichten ließ, und das der langjährige Pächter Dr. Hans Curtius nach 1919 innen umgestaltet hat. An der Nordseite steht die ehemalige Scheune mit Stall (heute Gastraum), an der östlichen Umfassungsmauer ein Waschhaus, in dem jetzt die Toiletten untergebracht sind. Dort befand sich früher auch eine kleine Türe, von der aus ein Fußweg durch den steilen Wald hinunter zum Siechenhaus führte, von wo aus man lange Zeit das Wasser zum Friedinger Schlößle hinauftransportieren mußte. Die sog. Galerie mit zwei schönen romanischen Doppelfenstern, auch als Wehrgang bezeichnet, verbindet das Wohnhaus mit dem Ökonomiegebäude. Sitzt man an den jetzt vom Ehepaar Weber wieder geöffneten Rundbogenfenstern in der Südmauer, kann man das mittelalterliche Leben auf der einstmals wehrhaften Burg Hohenfriedingen auch heute noch ein bißchen nachempfinden.

1190    Die Herren von Krähen gründen die Burg.
nach 1190    Die Burg kommt an die Herren von Friedingen.
13. -14. Jhdt.    Die Herren von Friedingen befehden sich mit der Stadt Kaufbeuren, deren Truppen die Burg jedoch nicht einnehmen können.
1512    Georg von Frundsberg belagert die Burg Hohenkrähen mit 8000 Mann und schwerem Geschütz. Die Burgbesatzung seilte sich jedoch ab und die Burg wurde ausgebrannt.
1618-1648    Die wiederaufgebaute Burg wird von Konrad Wiederholt, dem Festungskommandanten des Hohentwiel, niedergelegt und anschließend nicht wieder aufgebaut.
18. Jhdt.    Die Ruine geht an die von Reischach.
19. Jhdt.    Die Burg kommt als Erbfall an die Grafen von Douglas.
1939-1945.    Im Zweiten Weltkrieg wird die Burg als Flakstellung mißbraucht.